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WAS DU NICHT SAGST …

AUSSTELLUNG VON MATHIAS SCHMIDT
 
Samstag, 23. September 2023 / Mathias Schmidt ist vermutlich der Supalife-Künstler mit der meisten Lebenserfahrung im Leib. Im Moment ist er oft im Laden, da wir seine Ausstellung besprechen. Auf meine ganzen Fragen hin, erinnert er sich und kommt ins Erzählen: „Die Notwendigeit in den Besitz einer neuen Hose zu kommen, und die hohen Preise der Hosen die mir gefielen, führten zu dem Entschluss selbst mal eine zu nähen. Ehe ich recht wusste, wie mir geschah, konnte ich davon leben, Leuten Lederhosen auf den Leib zu schneidern. Alte Hose auseinander geschnitten und gelernt wie so'n Teil aufgebaut ist. Das hat nicht lange Spaß gemacht und ich hab begonnen Taschen aller Art zu gestalten, herzustellen und anzubieten. Das hat für knapp 20 Jahre Leben gereicht.“
Heute hat er Fotos mitgebracht, teilweise in der Dunkelkammer selbst entwickelt, die ein paar wichtige Kapitel in seinem Leben beleuchten. Nachdem wir den Schneider Mathias kennengelernt haben, begegnen wir dem Schreiner Mathias. Beim Durchsehen der Schnappschüsse sehe ich Regalsysteme, individuelle Schrankwände, ganze Küchenzeilen! Und überall fallen mir die ausgefrästen Öffnungen in Türen und Schubladen auf, in Kreis-, Quadrat-, oder Rautenform und sie alle erfüllen die selbe Funktion wie Griffe, oder Klinken, nur das sie nicht abstehen, sondern eingelassen sind, so, wie es für Ausschnitte typisch ist. Ich frage mich, ob sich hier bereits die Schablonentechnik ankündigt, mit denen Mathias, Jahre später, seine unverwechselbaren Siebdrucke anfertigen wird.
Nach ein paar Jahren der Anstellung in einer Tischlerei, zog es ihn wieder weiter. Mathias über eine T-Shirt-Idee: „Auf der Suche nach jemandem der mir den nötigen ersten Einblick verschafft, kam die SDW ins Spiel“, eine offene Werkstatt für Siebdruck in Neukölln.
„Gleich um die Ecke hatten die [2008] ein halbes Jahr zuvor eröffnet.
Dort hab ich den Einführungskurs gemacht, dann erst mal fast ein Jahr lang Ideen gesammelt, Computer und Photoshop kennengelernt und begonnen meine Ideen auf Shirts zu drucken.“ Knapp zehn Jahre hat er dort gearbeitet und gewirkt, irgendwann ein eigenes Workshop-Konzept entwickelt und seine Technik mit den Papierschablonen perfektioniert.
„Ja die Farben misch ich selbst an. Das war ein entscheidender Schritt, das mal zu probieren. Das sind teilweise klassische Mineralpigmente wie Ocker, Lehm, Sienna etc., aber auch synthetische wie das orange. Die Hautfarbe ist zB. ein Ziegelrot, sehr transparent.“
 
Wir freuen uns sehr, Mathias’ einzigartige Schablonen-Drucke in einer Einzelausstellung zusammen zu bringen und laden herzlich ein zur Vernissage, am 29. September, 18 Uhr. Und übrigens: Wer mehr über die Herstellung von Siebdrucken, anhand von Papier-Schablonen, wissen möchte, der kann bei der Ausstellungseröffnung selbst Hand anlegen, begleitet von unserer Kollegin Susann – einer erfahrenen Siebdruck-Künstlerin.
 

WAS DU NICHT SAGST …
AUSSTELLUNG VON MATHIAS SCHMIDT

Vernissage: Freitag, 29. September, 18 Uhr
Ausstellung: 30.9. – 29.10.23
 
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Litfass-news
 
 

TAG DES OFFENEN DENKMALS

LITFASS GOES URBAN ART
 
Sonntag, 10. September 2023 / In ganz Berlin gibt es 1.500 Litfaßsäulen, die für eine kommerzielle Plakatwerbung genutzt werden. Davon stehen 24 Litfaßsäulen unter Denkmalschutz. LITFASS GOES URBAN ART setzt sich für die Freiheit aller 24 denkmalgeschützter Litfaßsäulen in Berlin ein: Sie sollen nicht länger für kommerzielle Werbung verpachtet werden. Bei diesen Litfaßsäulen handelt es sich nicht nur um ein historisches Kulturgut – das allein sollte Grund genug sein, sie vor Werbenutzung zu schützen –, sondern auch um ein besonderes Stück öffentlichen visuellen Raums. Daher habe ich auch dieses Jahr wieder einen Künstler eingeladen, die denkmalgeschützte Litfaßsäule auf dem Kollwitzplatz künstlerisch zu gestalten.
Danke Herr Zander für dein unverkennbar zanderisches Werk. Es zeigt Ernst Theodor Amandus Litfaß höchstpersönlich und illustriert seine Geschichte mit und um die Litfaßsäulen herum. Denn wusstet ihr, dass Herr Litfaß ein Theater am Rosenthaler Platz gründete? Er war nämlich ein Freund der Künste und versuchte sich in jungen Jahren auch als Schauspieler. Aber es wurde nichts draus! So übernahm er nach ausgedehnten europäischen Reisen das stiefväterliche Druck- und Verlagshaus. Als einer der ersten führte er den Buntdruck nach französischem Muster ein. Und druckte auch die ersten Riesenplakate im Format 6,28 × 9,42 Meter. Darüberhinaus zeigte er auch politisches Interesse. In den wenigen Monaten der Pressefreiheit nach März 1848 druckte er Flugblätter für die 48er Revolution, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzten. Diese Flugblätter hießen „Krakehler“. Außerdem zeigte er großes Engagement für Wohltätigkeit, indem er mit eingesammelten Geldern aus Konzerten, Feuerwerken und Bootsfahrten die Hinterbliebenen in der Nachkriegszeit finanziell unterstützte. Doch bekannt wurde er vor allem durch das aufstellen seiner Annonciersäulen. Damit wurde der Wildplakatierung in Berlin der Kampf angesagt. Plakate durften ab 1855 nur noch auf Litfaßsäulen gezeigt werden. Damit sicherte er sich das alleinige Recht zur Plakatierung für Berlin, wodurch er zu großem Reichtum kam.
 
LITFASSSÄULE AM KOLLWITZPLATZ
Baujahr: ca 1910
Umfang der Plakatfläche: 4,01m
Höhe der Plakatfläche: 3,63m
Tag des offenen Denkmals: Sonntag, 10. September 23
 
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MISS_READ
 
 

RISO-RADAR

ZU BESUCH AUF DER BUCHMESSE „MISS READ“
 
Sonntag, 24. September 2023 / Der Berlin-Marathon war gelaufen, die Grenzen geöffnet und auf komplett leeren Straßen radelte ich zur MISS READ, einer Messe für künstlerische Bücher und Kleinauflagen, teils handgedruckt und -gebunden, die fernab der großen Verlage ihre Existenz feiern. Ob ich in offizieller Mission hier war, als Supalifer? Gute Frage. Unterbewusst folgte ich jedenfalls einer Spur, doch konnte ich nicht ahnen, dass eine Menge loser Enden an diesem Tag zusammenfinden würden.
Das ging gleich ziemlich gut los, muss ich sagen, saß doch direkt hinter dem Eingang die niederländische Künstlerin Lula Valletta (BUR-ROSE). Das erste mal sind wir uns 2018 im Laden begegnet. Damals hatte sie das Zine „PROPHIT“ unterm Arm, welches Collagen von zwanzig Künstlern präsentierte, vereinend graustufig risographiert, mit einem Vorwort des Musikers Jah Wobble (sollte mittlerweile vergriffen sein). Es ist wohl nicht übertrieben, wenn man Lula mit einem Schnellzug vergleicht, immer unterwegs, den Gepäckwagen randvoll mit Publikationen, die im Eigenverlag erschienen sind, mit Drucken und Manifesten, die alle im dadaistischen Geiste verbunden sind. So zum Beispiel die unregelmäßig erscheinende Zeitung „DE ARPSIANIST“, welche uns Nachrichten der vergangenen 100 Jahre als üppiges Zwei-Farben-Riso-Cut-Up um die Ohren haut. Neu in ihrem Koffer ist eine Art Sci-Fi-Riso-How-To namens „RAIDA“, gedruckt für und in dem Riso-Studio STENCILWERCK in Den Haag – eine von Lulas vielen Wirkungsstädten. Da unsere Wege sich schon häufiger kreuzten, wird ihr Stand zu einer Art Bahnhofsmission für mich. Hier werde ich dutzende von Visitenkarten lagern und meine Notizen für diesen Text beginnen.
 
Die nächsten Drucksachen, die mich in ihren Bann zogen, lagen auf dem Tisch von PER(R)UCHO, einer noch jungen Riso-Werkstatt, die in Valencia beheimatet ist. El Lissitzkys Kinderbuch „Von zwei Quadraten“ sprang mich förmlich an, mittlerweile hundert und ein Jahr alt, damals in Berlin erschienen und nun als Riso-Re-Issue erneut eingetroffen, in der Originalgröße, zweifarbig gedruckt, in den Farben Schwarz und hellem Rot und – als bescheidenen Zusatz zum russischen Original – mit einer spanischen Übersetzung ausgestattet.
Das Buch, dass ich aber noch länger in den Händen halten werde, heißt „THE ZONE“. Eine Anspielung auf Tarkowskijs „STALKER“? In der Tat. Und gleichzeitig die Erinnerung eines Sohnes an seinen malenden Vater. Wunderschön. Es wirkt beinahe psychedelisch, wie berauscht blättert man die Seiten um. Eine der gedruckten Farben ist fluoreszierendes Pink. Es hat mich zum Nachdenken gebracht, warum nicht mehr Riso-Bücher in unserem Laden vertreten sind. Der Drucker an diesem Stand machte sich auch so seine Gedanken: Wie es in der Zukunft mit der Risographie bestellt ist und ob sich noch genügend Techniker finden lassen, die den Risographen auch warten können, wenn’s mal drauf ankommt. Mit diesen Fragen ließ ich den Spanier dann zurück und schlich weiter.
 
Das nächste Buch, dass ich am Stand von LEPORELLO BOOKS wirklich jubelnd durchgeblättert habe, trägt den Titel „UTOPIE DATTILOTESSILI“ (viel Spaß beim übersetzen). Der Autor, wenn man ihn überhaupt so nennen kann, heißt Davide Tocco, stammt aus Italien und bezeichnet sich viel treffender als Textil-Designer. Zu sehen sind einhundert Reproduktionen getippter Schreibmaschinen-Grafiken. Den rot-schwarzen Farbbändern, seiner Maschinen entsprechend, wurden auch nur diese Farben für den Druck berücksichtigt. Drei mal dürfen sie raten, welches Druckverfahren angewendet wurde. Ein kleiner Tipp, es fängt mit den Buchstaben R-I-S-O an. Was die ästhetischen Qualitäten von reproduzierten Schreibmaschinenblättern angeht, halte ich die Risographie für die vermutlich perfekte Lösung. Der typisch krisselige Farbduktus der Riso-Farben passt einfach fabelhaft zu der feinen Nylon-Gewebestruktur der Farbbänder. Erwähnenswert an diesem Projekt, ist, dass es ohne die Zuhilfenahme von Designsoftware entstanden ist, sondern die getippten Seiten direkt vom Risographen eingescannt, bearbeitet und gedruckt wurden. Ziemlich gut!
 
Kaum habe ich es geschafft, mich doch noch von dem Buch zu lösen, laufe ich doch glatt in Thomas Monses hinein, den ich schon seit Tagen per Email zu erreichen versuche, denn diese Geschichte begann im Prinzip vor mehr als einer Woche, mit der ganz harmlosen Suche nach unserem neuen „Bild des Monats“. Schnell waren wir uns einig, welche der eher jüngeren Arbeiten es werden könnte: „Ninja Machiya“, gedruckt von einem Künstler, der noch ganz neu in unserem Stall ist, besagter Thomas Monses. In seinem Studio in der Boddinstraße (MELO MELO PRINT) druckt er gemeinsam mit seiner Partnerin Maki Shimizu anspruchsvolle Risographien. Und genau darum geht es ja mittlerweile in diesem Text.
Ich erzähle ihm, dass seine Arbeiten von uns gekürt wurden und bitte ihn um ein paar Worte zu seiner NINJA-Serie und mitten in dem ganzen Gewusel kommen wir also ins Gespräch. Wenn ich mehr über Risographien erfahren will, sollte ich am besten gleich mal mitkommen. Er möchte mich bei meiner Recherche unterstützen und führt mich buchstäblich auf die zweite Ebene, dort hin, wo die meisten Aussteller ihren Platz haben, dicht gedrungen, alle nebeneinander, keine Freilandhaltung, so viel steht fest! Irgendwo im Mittelfeld erreichen wir den Tisch von EINBUCH.HAUS, dort liegen Exemplare eines Ratgebers für Buchgestaltung namens „HOW TO BOOK IN BERLIN“, den er mir wärmstens empfiehlt und der – wenn ich mich recht irre – auch die Risographie zum Thema hat. Perfekt!
Kurz vor 19 Uhr haben wir das Ende der Veranstaltung erreicht und zugegeben, ich war schon ziemlich besoffen in visueller Hinsicht, und genau in diesem Moment entdeckte ich den Stand des polnischen Riso-Studios, der sogenannten OFICYNA PERYFERIE. Hier erhaschten meine trägen Augen das letzte Werk auf diesem ganz persönlichen Marathon – „INSTYTUT“ lautet der Titel. Ein sehr assoziatives Buch, da es ohne erklärende Worte auskommt. Es will als Expedition eines nicht näher genannten Forschungsinstituts vertanden werden, eine Art visuelles Tagebuch, bestehend aus Einzelbildern und Collagen – selbstverständlich im Risographie-Verfahren gedruckt. Zum Dank meines Interesses, erhalte ich vom Chef (Michal Chojecki) die letzte Visitenkarte an diesem Sonntag, in Form eines risographierten Cut-Up-Faltblattes und darf zur Erinnerung noch ein Foto schießen.
 
Schließlich ertönt der Gong und die Besucher werden gebeten zu gehen. Lula packt auch zusammen. Als wir raus an die Spree treten, ist es bereits dunkel geworden. Wir sind gut drauf, vielleicht sogar inspiriert, aber auch ausgelaugt. Vom Schöpferischen erschöpft.
 
Als Supalifer beschäftigt mich das Thema Risographien schon länger. In regelmäßigen Abständen finden neue Risographien ihren Weg in den Laden und damit auch ins Tagesgeschäft. Das es relativ günstig ist, eine Risographie-Edition produzieren zu lassen und auch in technischer Hinsicht, weniger komplex zugeht, als beim Anfertigen von Siebdrucken (dem drucktechnischen „großen Bruder“?) muss sich in den letzten Jahren herumgesprochen haben. Kunststudenten, oder Leute, die eher als Maler, Illustratoren und Designer unterwegs sind, entdecken die Technik für sich und das Schönste daran; sie beflügeln sich mit ihren Ergebnissen gegenseitig – man spürt das hier richtig. In Berlin werden neue Riso-Studios aus dem Boden gestampft. Und wir kennen das ja, die Konkurrenz belebt das Geschäft. Jetzt darf man aber nicht glauben, dass wir im Supalife jede Risographie annehmen, oh nein! Wir sind da ziemlich wählerisch. Und wie gesagt, würde ich mich in Zukunft auch sehr über risographierte Buchprojekte freuen. Ich hab ja noch die ganzen Visitenkarten hier und werde mal den Anfang machen, denke ich.
 
Danke für die Aufmerksmkeit
 
Visitenkarten & Riso-Studios

BUR-ROSE & STENCILWERCK (NL)
PER-R-RUCHO (ES)
MELO MELO PRINT (Berlin)
OFICYNA PERYFERIE (POL)
WE MAKE IT & HERBARIUM-RISO (Berlin)
DRUCKEN 3000 (Berlin)
 
Bücher zum Thema Risographie
„EXPLORISO“ von Sven Tillack
„RISOMANIA“ von John Z. Komurki
 
Risographien im Supalife, u.a. von
Thomas Monses
Natalia Lisisnicchia
Yves Haltner
Mina Braun
La Météo
Michael Zander
Poste Aérienne
 
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Supalife e.V. • Raumerstr. 40 • 10437 Berlin • Germany
+(49) 030 / 44678826 • kiosk@supalife.de • www.supalife.de
 
   
© Supalife 2023
 
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AUSSTELLUNG VON MATHIAS SCHMIDT
 
Samstag, 23. September 2023 / Mathias Schmidt ist vermutlich der Supalife-Künstler mit der meisten Lebenserfahrung im Leib. Im Moment ist er oft im Laden, da wir seine Ausstellung besprechen. Auf meine ganzen Fragen hin, erinnert er sich und kommt ins Erzählen: „Die Notwendigeit in den Besitz einer neuen Hose zu kommen, und die hohen Preise der Hosen die mir gefielen, führten zu dem Entschluss selbst mal eine zu nähen. Ehe ich recht wusste, wie mir geschah, konnte ich davon leben, Leuten Lederhosen auf den Leib zu schneidern. Alte Hose auseinander geschnitten und gelernt wie so'n Teil aufgebaut ist. Das hat nicht lange Spaß gemacht und ich hab begonnen Taschen aller Art zu gestalten, herzustellen und anzubieten. Das hat für knapp 20 Jahre Leben gereicht.“
Heute hat er Fotos mitgebracht, teilweise in der Dunkelkammer selbst entwickelt, die ein paar wichtige Kapitel in seinem Leben beleuchten. Nachdem wir den Schneider Mathias kennengelernt haben, begegnen wir dem Schreiner Mathias. Beim Durchsehen der Schnappschüsse sehe ich Regalsysteme, individuelle Schrankwände, ganze Küchenzeilen! Und überall fallen mir die ausgefrästen Öffnungen in Türen und Schubladen auf, in Kreis-, Quadrat-, oder Rautenform und sie alle erfüllen die selbe Funktion wie Griffe, oder Klinken, nur das sie nicht abstehen, sondern eingelassen sind, so, wie es für Ausschnitte typisch ist. Ich frage mich, ob sich hier bereits die Schablonentechnik ankündigt, mit denen Mathias, Jahre später, seine unverwechselbaren Siebdrucke anfertigen wird.
Nach ein paar Jahren der Anstellung in einer Tischlerei, zog es ihn wieder weiter. Mathias über eine T-Shirt-Idee: „Auf der Suche nach jemandem der mir den nötigen ersten Einblick verschafft, kam die SDW ins Spiel“, eine offene Werkstatt für Siebdruck in Neukölln.
„Gleich um die Ecke hatten die [2008] ein halbes Jahr zuvor eröffnet.
Dort hab ich den Einführungskurs gemacht, dann erst mal fast ein Jahr lang Ideen gesammelt, Computer und Photoshop kennengelernt und begonnen meine Ideen auf Shirts zu drucken.“ Knapp zehn Jahre hat er dort gearbeitet und gewirkt, irgendwann ein eigenes Workshop-Konzept entwickelt und seine Technik mit den Papierschablonen perfektioniert.
„Ja die Farben misch ich selbst an. Das war ein entscheidender Schritt, das mal zu probieren. Das sind teilweise klassische Mineralpigmente wie Ocker, Lehm, Sienna etc., aber auch synthetische wie das orange. Die Hautfarbe ist zB. ein Ziegelrot, sehr transparent.“
 
Wir freuen uns sehr, Mathias’ einzigartige Schablonen-Drucke in einer Einzelausstellung zusammen zu bringen und laden herzlich ein zur Vernissage, am 29. September, 18 Uhr. Und übrigens: Wer mehr über die Herstellung von Siebdrucken, anhand von Papier-Schablonen, wissen möchte, der kann bei der Ausstellungseröffnung selbst Hand anlegen, begleitet von unserer Kollegin Susann – einer erfahrenen Siebdruck-Künstlerin.
 

WAS DU NICHT SAGST …
AUSSTELLUNG VON MATHIAS SCHMIDT

Vernissage: Freitag, 29. September, 18 Uhr
Ausstellung: 30.9. – 29.10.23
 
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Sonntag, 10. September 2023 / In ganz Berlin gibt es 1.500 Litfaßsäulen, die für eine kommerzielle Plakatwerbung genutzt werden. Davon stehen 24 Litfaßsäulen unter Denkmalschutz. LITFASS GOES URBAN ART setzt sich für die Freiheit aller 24 denkmalgeschützter Litfaßsäulen in Berlin ein: Sie sollen nicht länger für kommerzielle Werbung verpachtet werden. Bei diesen Litfaßsäulen handelt es sich nicht nur um ein historisches Kulturgut – das allein sollte Grund genug sein, sie vor Werbenutzung zu schützen –, sondern auch um ein besonderes Stück öffentlichen visuellen Raums. Daher habe ich auch dieses Jahr wieder einen Künstler eingeladen, die denkmalgeschützte Litfaßsäule auf dem Kollwitzplatz künstlerisch zu gestalten.
Danke Herr Zander für dein unverkennbar zanderisches Werk. Es zeigt Ernst Theodor Amandus Litfaß höchstpersönlich und illustriert seine Geschichte mit und um die Litfaßsäulen herum. Denn wusstet ihr, dass Herr Litfaß ein Theater am Rosenthaler Platz gründete? Er war nämlich ein Freund der Künste und versuchte sich in jungen Jahren auch als Schauspieler. Aber es wurde nichts draus! So übernahm er nach ausgedehnten europäischen Reisen das stiefväterliche Druck- und Verlagshaus. Als einer der ersten führte er den Buntdruck nach französischem Muster ein. Und druckte auch die ersten Riesenplakate im Format 6,28 × 9,42 Meter. Darüberhinaus zeigte er auch politisches Interesse. In den wenigen Monaten der Pressefreiheit nach März 1848 druckte er Flugblätter für die 48er Revolution, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzten. Diese Flugblätter hießen „Krakehler“. Außerdem zeigte er großes Engagement für Wohltätigkeit, indem er mit eingesammelten Geldern aus Konzerten, Feuerwerken und Bootsfahrten die Hinterbliebenen in der Nachkriegszeit finanziell unterstützte. Doch bekannt wurde er vor allem durch das aufstellen seiner Annonciersäulen. Damit wurde der Wildplakatierung in Berlin der Kampf angesagt. Plakate durften ab 1855 nur noch auf Litfaßsäulen gezeigt werden. Damit sicherte er sich das alleinige Recht zur Plakatierung für Berlin, wodurch er zu großem Reichtum kam.
 
LITFASSSÄULE AM KOLLWITZPLATZ
Baujahr: ca 1910
Umfang der Plakatfläche: 4,01m
Höhe der Plakatfläche: 3,63m
Tag des offenen Denkmals: Sonntag, 10. September 23
 
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ZU BESUCH AUF DER BUCHMESSE „MISS READ“
 
Sonntag, 24. September 2023 / Der Berlin-Marathon war gelaufen, die Grenzen geöffnet und auf komplett leeren Straßen radelte ich zur MISS READ, einer Messe für künstlerische Bücher und Kleinauflagen, teils handgedruckt und -gebunden, die fernab der großen Verlage ihre Existenz feiern. Ob ich in offizieller Mission hier war, als Supalifer? Gute Frage. Unterbewusst folgte ich jedenfalls einer Spur, doch konnte ich nicht ahnen, dass eine Menge loser Enden an diesem Tag zusammenfinden würden.
Das ging gleich ziemlich gut los, muss ich sagen, saß doch direkt hinter dem Eingang die niederländische Künstlerin Lula Valletta (BUR-ROSE). Das erste mal sind wir uns 2018 im Laden begegnet. Damals hatte sie das Zine „PROPHIT“ unterm Arm, welches Collagen von zwanzig Künstlern präsentierte, vereinend graustufig risographiert, mit einem Vorwort des Musikers Jah Wobble (sollte mittlerweile vergriffen sein). Es ist wohl nicht übertrieben, wenn man Lula mit einem Schnellzug vergleicht, immer unterwegs, den Gepäckwagen randvoll mit Publikationen, die im Eigenverlag erschienen sind, mit Drucken und Manifesten, die alle im dadaistischen Geiste verbunden sind. So zum Beispiel die unregelmäßig erscheinende Zeitung „DE ARPSIANIST“, welche uns Nachrichten der vergangenen 100 Jahre als üppiges Zwei-Farben-Riso-Cut-Up um die Ohren haut. Neu in ihrem Koffer ist eine Art Sci-Fi-Riso-How-To namens „RAIDA“, gedruckt für und in dem Riso-Studio STENCILWERCK in Den Haag – eine von Lulas vielen Wirkungsstädten. Da unsere Wege sich schon häufiger kreuzten, wird ihr Stand zu einer Art Bahnhofsmission für mich. Hier werde ich dutzende von Visitenkarten lagern und meine Notizen für diesen Text beginnen.
 
Die nächsten Drucksachen, die mich in ihren Bann zogen, lagen auf dem Tisch von PER(R)UCHO, einer noch jungen Riso-Werkstatt, die in Valencia beheimatet ist. El Lissitzkys Kinderbuch „Von zwei Quadraten“ sprang mich förmlich an, mittlerweile hundert und ein Jahr alt, damals in Berlin erschienen und nun als Riso-Re-Issue erneut eingetroffen, in der Originalgröße, zweifarbig gedruckt, in den Farben Schwarz und hellem Rot und – als bescheidenen Zusatz zum russischen Original – mit einer spanischen Übersetzung ausgestattet.
Das Buch, dass ich aber noch länger in den Händen halten werde, heißt „THE ZONE“. Eine Anspielung auf Tarkowskijs „STALKER“? In der Tat. Und gleichzeitig die Erinnerung eines Sohnes an seinen malenden Vater. Wunderschön. Es wirkt beinahe psychedelisch, wie berauscht blättert man die Seiten um. Eine der gedruckten Farben ist fluoreszierendes Pink. Es hat mich zum Nachdenken gebracht, warum nicht mehr Riso-Bücher in unserem Laden vertreten sind. Der Drucker an diesem Stand machte sich auch so seine Gedanken: Wie es in der Zukunft mit der Risographie bestellt ist und ob sich noch genügend Techniker finden lassen, die den Risographen auch warten können, wenn’s mal drauf ankommt. Mit diesen Fragen ließ ich den Spanier dann zurück und schlich weiter.
 
Das nächste Buch, dass ich am Stand von LEPORELLO BOOKS wirklich jubelnd durchgeblättert habe, trägt den Titel „UTOPIE DATTILOTESSILI“ (viel Spaß beim übersetzen). Der Autor, wenn man ihn überhaupt so nennen kann, heißt Davide Tocco, stammt aus Italien und bezeichnet sich viel treffender als Textil-Designer. Zu sehen sind einhundert Reproduktionen getippter Schreibmaschinen-Grafiken. Den rot-schwarzen Farbbändern, seiner Maschinen entsprechend, wurden auch nur diese Farben für den Druck berücksichtigt. Drei mal dürfen sie raten, welches Druckverfahren angewendet wurde. Ein kleiner Tipp, es fängt mit den Buchstaben R-I-S-O an. Was die ästhetischen Qualitäten von reproduzierten Schreibmaschinenblättern angeht, halte ich die Risographie für die vermutlich perfekte Lösung. Der typisch krisselige Farbduktus der Riso-Farben passt einfach fabelhaft zu der feinen Nylon-Gewebestruktur der Farbbänder. Erwähnenswert an diesem Projekt, ist, dass es ohne die Zuhilfenahme von Designsoftware entstanden ist, sondern die getippten Seiten direkt vom Risographen eingescannt, bearbeitet und gedruckt wurden. Ziemlich gut!
 
Kaum habe ich es geschafft, mich doch noch von dem Buch zu lösen, laufe ich doch glatt in Thomas Monses hinein, den ich schon seit Tagen per Email zu erreichen versuche, denn diese Geschichte begann im Prinzip vor mehr als einer Woche, mit der ganz harmlosen Suche nach unserem neuen „Bild des Monats“. Schnell waren wir uns einig, welche der eher jüngeren Arbeiten es werden könnte: „Ninja Machiya“, gedruckt von einem Künstler, der noch ganz neu in unserem Stall ist, besagter Thomas Monses. In seinem Studio in der Boddinstraße (MELO MELO PRINT) druckt er gemeinsam mit seiner Partnerin Maki Shimizu anspruchsvolle Risographien. Und genau darum geht es ja mittlerweile in diesem Text.
Ich erzähle ihm, dass seine Arbeiten von uns gekürt wurden und bitte ihn um ein paar Worte zu seiner NINJA-Serie und mitten in dem ganzen Gewusel kommen wir also ins Gespräch. Wenn ich mehr über Risographien erfahren will, sollte ich am besten gleich mal mitkommen. Er möchte mich bei meiner Recherche unterstützen und führt mich buchstäblich auf die zweite Ebene, dort hin, wo die meisten Aussteller ihren Platz haben, dicht gedrungen, alle nebeneinander, keine Freilandhaltung, so viel steht fest! Irgendwo im Mittelfeld erreichen wir den Tisch von EINBUCH.HAUS, dort liegen Exemplare eines Ratgebers für Buchgestaltung namens „HOW TO BOOK IN BERLIN“, den er mir wärmstens empfiehlt und der – wenn ich mich recht irre – auch die Risographie zum Thema hat. Perfekt!
Kurz vor 19 Uhr haben wir das Ende der Veranstaltung erreicht und zugegeben, ich war schon ziemlich besoffen in visueller Hinsicht, und genau in diesem Moment entdeckte ich den Stand des polnischen Riso-Studios, der sogenannten OFICYNA PERYFERIE. Hier erhaschten meine trägen Augen das letzte Werk auf diesem ganz persönlichen Marathon – „INSTYTUT“ lautet der Titel. Ein sehr assoziatives Buch, da es ohne erklärende Worte auskommt. Es will als Expedition eines nicht näher genannten Forschungsinstituts vertanden werden, eine Art visuelles Tagebuch, bestehend aus Einzelbildern und Collagen – selbstverständlich im Risographie-Verfahren gedruckt. Zum Dank meines Interesses, erhalte ich vom Chef (Michal Chojecki) die letzte Visitenkarte an diesem Sonntag, in Form eines risographierten Cut-Up-Faltblattes und darf zur Erinnerung noch ein Foto schießen.
 
Schließlich ertönt der Gong und die Besucher werden gebeten zu gehen. Lula packt auch zusammen. Als wir raus an die Spree treten, ist es bereits dunkel geworden. Wir sind gut drauf, vielleicht sogar inspiriert, aber auch ausgelaugt. Vom Schöpferischen erschöpft.
 
Als Supalifer beschäftigt mich das Thema Risographien schon länger. In regelmäßigen Abständen finden neue Risographien ihren Weg in den Laden und damit auch ins Tagesgeschäft. Das es relativ günstig ist, eine Risographie-Edition produzieren zu lassen und auch in technischer Hinsicht, weniger komplex zugeht, als beim Anfertigen von Siebdrucken (dem drucktechnischen „großen Bruder“?) muss sich in den letzten Jahren herumgesprochen haben. Kunststudenten, oder Leute, die eher als Maler, Illustratoren und Designer unterwegs sind, entdecken die Technik für sich und das Schönste daran; sie beflügeln sich mit ihren Ergebnissen gegenseitig – man spürt das hier richtig. In Berlin werden neue Riso-Studios aus dem Boden gestampft. Und wir kennen das ja, die Konkurrenz belebt das Geschäft. Jetzt darf man aber nicht glauben, dass wir im Supalife jede Risographie annehmen, oh nein! Wir sind da ziemlich wählerisch. Und wie gesagt, würde ich mich in Zukunft auch sehr über risographierte Buchprojekte freuen. Ich hab ja noch die ganzen Visitenkarten hier und werde mal den Anfang machen, denke ich.
 
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