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Wolf Leo und seine Frottagen
Rückblick auf eine Ausstellung |
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Nicht nur als Grafiker ist Wolf Leo während seiner Ausstellungszeit bei uns in Erscheinung getreten, sondern auch als Anleiter zum Selber-Machen und Selber-Denken. Nach all seinen Jahren hier auf der Erde, hat er noch immer ein waches Auge für Zusammenhänge. Und er ist ein großer Liebhaber. Für Wortspiele. Ein kesser alter Mann mit dem Herz eines Zwanzigjährigen. Am Tag nach seiner Vernissage meinte er zu mir: „Solange wie möglich jung leben, damit man nach hinten raus mehr davon hätte.“ Sah ich denn so verkatert aus? Es war wirklich ein guter Abend. Zwei dutzend Leute hatten sich versammelt um ihm die Ehre zu erweisen. Der vordere Raum war ziemlich gut gefüllt. Vielleicht hatte Wolf sich ja vorgenommen, nur über die Herstelllung von Frottagen zu sprechen, aber wer ihn kennt, weiß, dass da immer auch eine kleine Lebensweisheit mit durchsickert. Als erstes bedankte er sich, dass er hier „als alter Mann stehen darf und mit der nächsten Garde, mit den nächsten Sprossen der Freiwilligkeit“ etwas auf die Beine stellen darf. Ausstellungen wollte er eigentlich nicht mehr machen. Auch der Kunstbetrieb und „der Sockel des Künstlertums“ gefallen ihm überhaupt nicht. „Das Entscheidene im Leben ist ja, wenn man will, ob man kann und wenn man kann, ob man dann will.“ Er nennt das hier seinen Kiez, seinen „Kinderbereich“, denn unweit vom Supalife Kiosk, in der Greifenhagener Straße, ist er vor über einem halben Jahrhundert zur Schule gegangen. Den Supalife Kiosk nannte er „Institut“ und „Dom“ und „Hochburg des Siebdrucks“. Er erklärte den Gästen: „Die machen hier kein Business, sondern Kulturarbeit“ und das „Kulturaufmerksamkeit Bürgerpflicht sei!“ Dann sprach er über Bilder. „Ein fertiges Bild ist meist ein langweiliges Bild. Wenn ein Zuschauer, Beobachter, Gucker sein Bild sieht - nicht mein Bild - das liegt zwischen dem Sender und Empfänger, dort liegt eine Ebene und die ist das Produktive!“ Ihm ist wichtig, dem Zuschauer etwas mit einer Arbeit anzubieten, das er durch seine Sichtweise ergänzen, oder komplett anders sehen kann. Über eine seiner Serien namens Deserteur sagt er: „Man muss nicht das Land verlassen, man kann sich auch ideell erntfernen.“ Und weiter: „Für mich ist die Frage nach Kunst scheißegal, mir geht’s um die Frage nach Freiheit.“ Wichtig sei ihm, „in dem was man tut, ein Lebensgefühl auszudrücken, welches Freiheit beinhaltet und sich nicht danach richtet, ob sozialistischer Realismus, oder traditioneller Kubismus ...“ Und trotzdem erkennt auch Wolf seine Wurzeln an, z.B. den Deutschen Expressionismus. Und während Wolf so erzählt und auch mal auf die ein, oder andere Frage aus dem Publikum eingeht, druckt er nebenbei ein paar Plakate, anhand einiger selbstgemachter Hochreliefs. Ganz beiläufig sagt er zum Ende hin: „Bestimmte Sachen mache ich mit links, weil die Rechte dann nicht so glatt, nicht zu gerade und nicht zu toll aussieht.“ Im Anschluss durften die Leute selber ran. Er half da und dort und so mancher Gast ist an jenem Abend mit seiner eigenen Arbeit nach Hause gegangen. Als letztes ging ein Kerl, der hatte zwar nicht gedruckt, aber er hatte die Kiste mit Wolfs Knoblauchbroten entdeckt und die trug er mindestens genau so glücklich weg. Danke für den Abend und die gute Zeit. Beendet haben wir Wolfs Ausstellung mit einem kleinen Treffen, dass wir aber nicht groß angekündigt haben. Diese „stille Finissage“ wurde getragen von dem Klangkünstler Joachim Gies. Er und sein Saxophon legten letzten Samstag einen Tanz auf das Parkett, der einer Performance ähnelte. Ganz herzlichen Dank für diese akustische Reise. Wir behalten dich auf jeden Fall im Auge. www.joachimgies.de |
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