Am Anfang war der UNRUHESTIFT. Ein großes Ding, das malt, schreibt, kritzelt, näht, reißt, klebt, sprüht, schmiert und vor allem eins tut - für konkrete Verwirrung sorgen. Alles ist erlaubt! Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo ich hineingeraten bin. Irgendwo im Wedding auf einem Hinterhof standen kleine, schmale Tannen im traurigen Abstand zueinander. Wo verdammt ist der Eingang zur Höhle? Verirrungen im Wald eines Häretikers. Aber dann schien auch schon das Licht aus einer geöffneten Tür. Max ließ mich hinein. Der Mystiker hatte eingeladen. Ich betrat eine Wunderkammer aus dem 21. Jahrhundert – anders lässt sich das Gesehene nicht beschreiben: Fliegende Teppiche mit alchemistischen Zauberformeln; Leinwände, die durch tausendfaches Bemalen, auseinanderreißen und dann wieder zusammengeflickt, wie Frankensteins Haut lebendig wurden. Und dann diese vielen Enzyklopädien. All das ausradierte Wissen: „I just killed wisdom“ (Max), um es dann von Neuem wieder aufzuladen mit illustrierten, mutigen Erkenntnissen aus ruhelosen Nächten. Hier war jemand an etwas dran! Oder etwas an ihm? Seine ruhige Art zu sprechen, brachte mich wieder auf den Teppich. Er erzählte mir von einem Portal in eine andere Dimension, dem spectrum65. Hier gibt es Schutzgeister, SIFAKAs, die sich vom Tanzen ernähren und durch Gefühle navigieren lassen. Sie sind überall in Berlin und auch anderswo auf den Flächen zu finden. Max, der Gedankenstricher, der urbane Höhlenmaler, der die „Anderswelt“ beschreibt. „Der Tach ist kurz“ – mit diesen Worten verabschiedete er sich; hinterließ mir aber noch eine Menge Artefakte, die wir euch in einer Ausstellung – der ersten in diesem Jahr 23 – zeigen wollen.
Wusstet ihr, dass um die Insel Formentera (Balearen) ein seichter Teppich aus Seegras wächst, mit dem wundervollen Namen Neptungras? Diese Seegraswiesen filtern das Wasser kristallklar und sorgen damit für eine türkis-blaue Färbung. Und darüber hinaus sind es auch die ältesten Lebewesen, die bis zu 80.000 Jahre alt werden können. Von dieser einstigen Hippie Insel kommt Natalia Lisinicchia. Eine junge Illustratorin, Siebdruckerin und Mural-Künstlerin. An einem grauen Herbsttag besuchte sie uns im Laden und erkundigte sich nach Berliner Siebdruckwerkstätten. Sie plante für einen Monat in der Stadt zu bleiben. Ich zählte einige Orte auf und am Ende entschied sie sich für die Centrifuga und Jott P. M. Siebdruckwerkstatt. Hier entstanden wunderbare, einfarbige und mehrfarbige Siebdrucke von Malereien und Zeichnungen. LA OTREDAD ist einer davon und verrät vielleicht auch durch seine freudige Farbigkeit die Herkunft der mediterranen Künstlerin. Vielmehr noch ist es aber die Sinnlichkeit, die in vielen ihrer Arbeiten durchscheint und das Interesse für Körperlichkeit, Geschlecht und vor allem Queerness ausdrückt: „Ich versuche einen zarten und sicheren Raum zu schaffen, in dem man sich unbeschadet selbst erkennen, entdecken, dekonstruieren, neu aufbauen, sich selbst verlieren und so oft wie nötig finden kann. Keine Urteile, kein Druck, keine festgelegten Muster.“ Ein Neujahrsvorsatz, wenn man so will und damit auch passend für unser erstes Bild des Monats in diesem Jahr!
LA OTREDAD – DAS ANDERSSEIN Natalia Lisinicchia Technik: Siebdruck in vier Farben Format: 30 × 30 cm Papier: Munken Lynx, 200g/m² Auflage: 21 Exemplare, nummeriert und signiert Jahr: 2022
MASKERADE
Linolschnitt-Buch von Julienne Jattiot
Die Maske ist in den letzten Jahren zu einem unentbehrlichen Accessoire geworden, das als ausschließlichem Zweck dem gesundheitlichen Schutz dient. In diesem Buch geht es gerade nicht darum, sondern ums Verstecken, Täuschen, Verkleiden, Spielen, Irreführen, Spaß haben! Das Buch wurde in der Entwicklungs- und Gestaltungsphase von September bis November 2020 mit einem Arbeitsstipendium im Rahmen des Kultur ans Netz Programm des Landes Sachsen-Anhalt gefördert. Es wurde aus 80 original handgeschnittenen Linolplatten im atelier carpe plumbum auf der historischen "Präsident" Zylinderpresse gedruckt.
Maskerade Julienne Jattiot Technik: Linolschnitte in insgesamt 13 Farben Format: 30,5 × 20 cm Seiten: 52 Papier: Fedrigoni Arena, 90g/m² Auflage: 400 Exemplare, nummeriert Druck: Thomas Siemon und Julienne Jattiot, atelier carpe plumbum, Leipzig Bindung: Buchbinderei Mönch, Leipzig Jahr: 2022
Am Anfang war der UNRUHESTIFT. Ein großes Ding, das malt, schreibt, kritzelt, näht, reißt, klebt, sprüht, schmiert und vor allem eins tut - für konkrete Verwirrung sorgen. Alles ist erlaubt! Ich hatte keinen blassen Schimmer, wo ich hineingeraten bin. Irgendwo im Wedding auf einem Hinterhof standen kleine, schmale Tannen im traurigen Abstand zueinander. Wo verdammt ist der Eingang zur Höhle? Verirrungen im Wald eines Häretikers. Aber dann schien auch schon das Licht aus einer geöffneten Tür. Max ließ mich hinein. Der Mystiker hatte eingeladen. Ich betrat eine Wunderkammer aus dem 21. Jahrhundert – anders lässt sich das Gesehene nicht beschreiben: Fliegende Teppiche mit alchemistischen Zauberformeln; Leinwände, die durch tausendfaches Bemalen, auseinanderreißen und dann wieder zusammengeflickt, wie Frankensteins Haut lebendig wurden. Und dann diese vielen Enzyklopädien. All das ausradierte Wissen: „I just killed wisdom“ (Max), um es dann von Neuem wieder aufzuladen mit illustrierten, mutigen Erkenntnissen aus ruhelosen Nächten. Hier war jemand an etwas dran! Oder etwas an ihm? Seine ruhige Art zu sprechen, brachte mich wieder auf den Teppich. Er erzählte mir von einem Portal in eine andere Dimension, dem spectrum65. Hier gibt es Schutzgeister, SIFAKAs, die sich vom Tanzen ernähren und durch Gefühle navigieren lassen. Sie sind überall in Berlin und auch anderswo auf den Flächen zu finden. Max, der Gedankenstricher, der urbane Höhlenmaler, der die „Anderswelt“ beschreibt. „Der Tach ist kurz“ – mit diesen Worten verabschiedete er sich; hinterließ mir aber noch eine Menge Artefakte, die wir euch in einer Ausstellung – der ersten in diesem Jahr 23 – zeigen wollen.
Wusstet ihr, dass um die Insel Formentera (Balearen) ein seichter Teppich aus Seegras wächst, mit dem wundervollen Namen Neptungras? Diese Seegraswiesen filtern das Wasser kristallklar und sorgen damit für eine türkis-blaue Färbung. Und darüber hinaus sind es auch die ältesten Lebewesen, die bis zu 80.000 Jahre alt werden können. Von dieser einstigen Hippie Insel kommt Natalia Lisinicchia. Eine junge Illustratorin, Siebdruckerin und Mural-Künstlerin. An einem grauen Herbsttag besuchte sie uns im Laden und erkundigte sich nach Berliner Siebdruckwerkstätten. Sie plante für einen Monat in der Stadt zu bleiben. Ich zählte einige Orte auf und am Ende entschied sie sich für die Centrifuga und Jott P. M. Siebdruckwerkstatt. Hier entstanden wunderbare, einfarbige und mehrfarbige Siebdrucke von Malereien und Zeichnungen. LA OTREDAD ist einer davon und verrät vielleicht auch durch seine freudige Farbigkeit die Herkunft der mediterranen Künstlerin. Vielmehr noch ist es aber die Sinnlichkeit, die in vielen ihrer Arbeiten durchscheint und das Interesse für Körperlichkeit, Geschlecht und vor allem Queerness ausdrückt: „Ich versuche einen zarten und sicheren Raum zu schaffen, in dem man sich unbeschadet selbst erkennen, entdecken, dekonstruieren, neu aufbauen, sich selbst verlieren und so oft wie nötig finden kann. Keine Urteile, kein Druck, keine festgelegten Muster.“ Ein Neujahrsvorsatz, wenn man so will und damit auch passend für unser erstes Bild des Monats in diesem Jahr!
LA OTREDAD – DAS ANDERSSEIN Natalia Lisinicchia Technik: Siebdruck in vier Farben Format: 30 × 30 cm Papier: Munken Lynx, 200g/m² Auflage: 21 Exemplare, nummeriert und signiert Jahr: 2022
MASKERADE
Linolschnitt-Buch von Julienne Jattiot
Die Maske ist in den letzten Jahren zu einem unentbehrlichen Accessoire geworden, das als ausschließlichem Zweck dem gesundheitlichen Schutz dient. In diesem Buch geht es gerade nicht darum, sondern ums Verstecken, Täuschen, Verkleiden, Spielen, Irreführen, Spaß haben! Das Buch wurde in der Entwicklungs- und Gestaltungsphase von September bis November 2020 mit einem Arbeitsstipendium im Rahmen des Kultur ans Netz Programm des Landes Sachsen-Anhalt gefördert. Es wurde aus 80 original handgeschnittenen Linolplatten im atelier carpe plumbum auf der historischen "Präsident" Zylinderpresse gedruckt.
Maskerade Julienne Jattiot Technik: Linolschnitte in insgesamt 13 Farben Format: 30,5 × 20 cm Seiten: 52 Papier: Fedrigoni Arena, 90g/m² Auflage: 400 Exemplare, nummeriert Druck: Thomas Siemon und Julienne Jattiot, atelier carpe plumbum, Leipzig Bindung: Buchbinderei Mönch, Leipzig Jahr: 2022
